Unbekanntes Europa

Jahrelang habe ich exotische Länder auf diesem Planeten bereist. Ich versetzte Freunde in Staunen und die Familie in Angst und Schrecken, wenn es statt nach Kreta in den Sudan ging. Wirkliche Überraschung habe ich aber bei der Ankündigung unseres Sommerurlaubes 2016 geerntet. Wir (der Ösi und ich) sind nämlich in Europa geblieben und nach Albanien gefahren. Mit dem Auto, von Wien über Serbien, dem Kosovo und Mazedonien ging es in das wilde Land der Skipetaren. Die Reaktionen waren gemischt, aber nicht nur positiv. Albanien? Kosovo? Ist es da nicht gefährlich? Denn egal wie weltoffen, reisefreudig und weltgewandt wir uns geben, unsere östlichen Nachbarn sind weiterhin wie eine Blackbox für uns. Oft kennt man nur die gängigen Klischees der autoklauenden Polen, der gewalttätigen Kosovoalbaner oder der trinkfreudigen Ukrainer. Wenige Menschen in meinem Freundeskreis haben sich eingehend mit diesen Ländern beschäftigt. Die wiederum, die ein Interesse an der Balkanregion haben, pfiffen anerkennend durch die Zähne. Denn unter Kennern und erfahrenen Weltenbummlern ist Albanien längst kein Geheimtip mehr sondern ein offenes Geheimnis.

Die albanische Küste

Traumstrand in Albanien.

Bevor wir an diesen Traumstrand durften, mussten wir aber noch die Anfahrt nach Albanien hinter uns bringen. Unsere gesamte Reisestrecke sah so aus,  es ging von Wien über Belgrad, dem Kosovo, Mazedonien nach Albanien und von dort über Griechenland zurück nach Wien:

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Mein geliebtes Belgrad sollte unsere erste Station auf dem Weg Albanien nach sein. Nach einem ausgiebigen Abendessen in meinem Lieblingsrestaurant „Mala Fabrik Ukasa“ , einer Mütze voll Schlaf und einem guten Frühstück, ging es weiter nach Mazedonien, mit einem Zwischenstop in Priština, der Hauptstadt des jüngsten europäischen Landes, dem Kosovo.

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Mich hat besonders berührt , was auf diesem Fleckchen Erde in den 90ger Jahren los war. Hier tobte mitten in Europa ein erbarmungsloser Krieg. Die Befreiungsarmee des Kosovo (UÇK) kämpfte gegen die jugoslawische Armee und serbische Ordnungskräfte, sowie gegen die NATO unter der Führung der USA. Der Konflikt ist zu verworren und schrecklich, um dieses Thema mit einigen wenigen Worten in einem Reiseblog abzuhandeln. Wer mehr lesen möchte, kann hier beginnen. Lediglich so viel sei gesagt: dieser Krieg fand direkt vor unsere Nase statt. Es ist nicht so weit von Wien in den Kosovo. 100.000 waren auf der Flucht, Tausende kamen ums Leben. Diese Denkmal für gefallene UÇK-Kämpfer zeigt auf eindringliche Art und Weise, was Krieg bedeutet. Krieg bedeutet nämlich Tod.

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Heute ist Priština eine fast schon verschlafene kleine Stadt. Tagsüber sitzen die wenigen Menschen, die man im Sommer draußen sieht, unter den Sonnenschirmen der Cafes entlang der Fußgängerzone. Es herrscht eine entspannte, geradezu mediterrane Atmosphäre. Vereinzelt sieht man aber auch KFOR Soldaten durch die Straßen schlendern. An der Promenade kann man günstig essen und trinken sowie frisches Obst kaufen.

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Diese Kinder kühlten sich einem Brunnen ab, die Temperaturen erreichen im Sommer gute 35-40 Grad.

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Fährt man durch das Land so fällt eines auf. Der gesamte Kosovo gleicht einem riesigen Gewerbegebiet. Überall wird gebaut und gewerkelt. Es reiht sich von Pristina bis zur mazedonischen Grenze Geschäft an Geschäft. Baufirmen, Autohändler, Fahrradgeschäfte und noch mehr Baufirmen. Es scheint, als würde die Bevölkerung mit Volldampf am Aufbau ihres Landes arbeiten.

Die Unabhängigkeit des Kosovo und der Konflikt mit Serbien

Noch lange sind aber nicht alle Konflikte gelöst. Im Jahre 2008 erklärte sich der Kosovo unabhängig. 109 von 193 Mitglieder der Vereinten Nationen haben diesen Status anerkannt (wikipedia.org) Die serbischen Nachbarn sind nicht darunter. Bis heute erheben sie Anspruch auf diesen Flecken Erde, der traditionell mehrheitlich von Kosvoalbanern bewohnt wurde. Sie behandeln den Kosovo wie einen Teil Serbiens. So kann man als Reisender schnell zwischen die Mühlen des noch schwelenden Konfliktes geraten, wenn man nicht aufpasst. Die Ausreise aus Serbien in den Kosovo ist zwar problemlos möglich. Die Gefahr lauert aber bei einer erneuten Einreise nach Serbien,  da der Kosovo nach serbischer Denkart ein Teil von Serbien ist, wird der kosovarische Ausreisestempel nicht anerkennt, einen serbischen Einreisestempel gibt es aber nicht, wenn man aus dem Kosovo kommt. Folglich ist man illegal in Serbien. Es empfiehlt sich daher einfach, mit dem Personalausweis zu reisen, so umgeht man unangenehme Fragen bei der Ausreise aus Serbien. Diesen Tip gab mir der serbischen Grenzbeamte. Uns gelang  problemlos Ausreise und auch die Einreise nach Mazedonien, wo mich die nächste Etappe unserer Reise erwartete: Ein Tauchgang im Ohrid See. Dazu nächste Woche mehr.

 

About the Author: Bettina Winert

Mutter von 3 Kindern, im Exil in Wien lebend. Autorin, Taucherin und begeisterte Gärtnerin.

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